Ablauf eines Arbeitsgerichtsverfahrens in erster Instanz

Viele Menschen fühlen sich mulmig, wenn sie vor dem Gericht erscheinen müssen, sei es als Kläger oder Beklagter. Hier soll der Ablauf einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz dargestellt werden.

Ablauf eines Arbeitsgerichtsverfahrens in erster Instanz

Der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht beginnt mit dem Einreichen einer Klageschrift (für den Kläger) oder damit, dass eine Ladung zum Gerichtstermin ins Haus flattert.

Einreichung einer Klage


Beim Arbeitsgericht in erster Instanz benötigt man keinen Anwalt. Es darf auch ohne Anwalt geklagt werden. Eine Besonderheit ist allerdings, dass man die Kosten des Rechtsanwalts (außer man hat eine Rechtsschutzversicherung) immer selbst zu tragen hat und zwar unabhängig davon, ob man den Prozess in erster Instanz gewinnt oder verliert. Einen Anwalt zu bemühen, um 50 Euro einzuklagen, kann also dazu führen, dass die Kosten des Anwalts größer sind als das, was am Ende dabei herauskommt.
Eine Klageschrift muss notwendig die ladungsfähige Anschrift der Parteien (also Kläger und Beklagter) enthalten sowie einen bestimmten Antrag.
Anträge bei Zahlung lauten in etwa: 
Ich beantrage, den Beklagten zu verurteilen an mich (oder den Kläger) XY,- Euro zu zahlen.
oder bei Streit über eine Kündigung
Ich beantrage festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom XY nicht aufgelöst worden ist.
Wichtig ist natürlich, dass eine Klageschrift unterschrieben wird. Das Gericht benötigt von allen Unterlagen, die Sie einreichen drei Exemplare. Die sind gedacht für die Gerichtsakte, die Gegenseite und den Anwalt der Gegenseite. Falls man die Abschriften nicht selbst einreicht, werden die Unterlagen kopiert und die Kosten in Rechnung gestellt.
Ein Vorschuss fällt beim Arbeitsgericht - anders als bei anderen Gerichten - nicht an. 
Bei der Aufnahme einer Klageschrift hilft auch die sog. Rechtsantragsstelle. Die hilft bei der Klageeinreichung, darf aber keine Rechtsberatung betreiben.

Gütetermin


Nach Einreichung der Klageschrift, wird das Gericht einen Gütetermin bestimmen. Der soll innerhalb von drei Wochen nach Einreichung der Klage stattfinden. Eine Woche beträgt die Mindestladungsfrist. Das heißt, dass an sich nur ein kleines Zeitfenster besteht. Je nach Arbeitsanfall bei Gericht, kann es auch länger dauern. Es kann sein, dass das Gericht das persönliche Erscheinen anordnet. In vielen Fällen ist das sinnvoll, vor allem wenn es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Abmahnungen oder Zeugnisinhalt geht. Häufig hat sich die Gegenseite - allein schon aufgrund der kurzen Vorlaufzeit - vor dem Gütetermin nicht geäußert.
Im Gütetermin wird ein meist eher lockeres Gespräch über die Sache geführt, bei der der Richter eine erste vorläufige Einschätzung der Rechtslage gibt und auslotet, wie die Parteien sich einigen könnten. Wie der Name Gütetermin schon sagt, ist das das vom Gesetzgeber vorgesehene Ziel. Die Parteien müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie bei einer Einigung selbst entscheiden, welche "Kröten sie schlucken" müssen, während ein späteres Urteil ein hoheitlicher Akt ist, der dazu führt, dass der Staat anhand von Gesetzen entscheidet, was getan werden muss. Die Einigung der Parteien ist ein Vertrag, der bei Gericht "Vergleich" genannt wird.

Vergleich


Ein Vergleich ist kein Urteil sondern das Ergebnis des gegenseitigen Nachgebens, auf das sich die Parteien geeinigt haben. Die Vorteile des Vergleichs sind psychologisch, dass keiner sagen kann, er habe gewonnen bzw. verloren sondern man hat sich gestritten und dann geeinigt. 
Daneben schafft ein Vergleich schnell Rechtssicherheit, dass es nicht schlimmer kommt. Man sollte sich nicht nur vor Augen führen, wie es ist, wenn man den Rechtsstreit gewinnt sonder auch, wie es ist, wenn er verloren geht und welche Folgen das hat. Für eine vergleichsweise Lösung des Problems zwischen den Parteien spricht auch, dass es eine schnelle Lösung ist. Je nach Arbeitsbelastung, kann es bis zu einem Urteil in erster Instanz nach dem Gütetermin noch einmal drei bis 12 Monate dauern. Zuletzt kommt noch hinzu, dass der Staat die Einigung dadurch "belohnt", dass keine Gerichtsgebühren anfallen. Kosten für den Rechtsanwalt bleiben aber (wie oben schon dargelegt). Ein Vergleich ist, vorausgesetzt er ist richtig und vollstreckbar formuliert, genauso viel Wert wie ein Urteil. Das heißt: Es kann daraus auch vollstreckt werden (etwa mit Gerichtsvollzieher).

Keine Einigung - Kammertermin


Vorweg: Eine Einigung im Wege des Vergleiches kann immer noch auch im schriftlichen Weg in den Monaten zwischen dem Gütetermin und dem Kammertermin gefunden werden. Es kann sich lohnen, das Telefon in die Hand zu nehmen und die gegnerische Partei bzw.  - wenn sie einen Anwalt hat - den Anwalt anzurufen. Gelegentlich wartet da jede Seite darauf, dass die andere den ersten Schritt tut. Der Kammertermin wird durch Schriftsätze vorbereitet und dazu gibt das Gericht Auflagen, in denen stehe, zu welchen Punkten noch Sachvortrag erwartet wird. Das wird mit Fristen versehen, an die man sich halten sollte. Es könnte nämlich passieren, dass bei Fristversäumnis allein deshalb der Prozess verloren geht. Das will keiner!
Im Kammertermin werden Anträge gestellt und ggf. Zeugen vernommen. Der Kammertermin läuft meistens deutlich förmlicher ab als der Gütetermin. Auch im Kammertermin wird vermutlich noch einmal versucht werden, eine vergleichsweise einvernehmliche Lösung zu finden. Die Meinung die das Gericht dann äußert, ist schon deutlich fundierter und sollte ernst genommen werden, denn der Prozess ist zu diesem Zeitpunkt schon im Tatsächlichen und Rechtlichen umfangreich durch das Gericht vorbereitet. Das Gericht im Kammertermin besteht nicht mehr (wie im Gütetermin) nur aus dem Berufsrichter. Links und Rechts neben ihm sitzen ehrenamtliche Richter (beim Strafgericht würde man sie Schöffen nennen). Die werden aus dem Kreis der Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmt. Es handelt sich oft um Betriebs- oder Personalräte bzw. Leute aus der Personalabteilung, aber auch Handwerksmeister oder ähnliches). Die ehrenamtlichen Richter sind vereidigt und sollen genauso neutral urteilen, wie der Berufsrichter. Das heißt: Sie werden zwar von einer Seite bestimmt, aber es ist nicht ihre Aufgabe, die Interessen dieser Seite bei Gericht zu vertreten.

Falls keine Einigung erzielt wird, wird am Ende der Sitzung das Gericht eine Entscheidung verkünden. Da muss keiner dabei bleiben und darauf warten. Es weiß auch keiner, wie lange die Beratung dauern wird. Deshalb rufen die Parteien in der Regel etwas später bei Gericht an und hören, was für eine Entscheidung herausgekommen ist. Natürlich erhalten die Parteien auch schriftlich ein Protokoll der Sitzung, in dem die verkündete Entscheidung steht. Das wird häufig ein Urteil sein, kann aber auch ein Beweisbeschluss mit einem weiteren Termin zur Zeugenvernehmung oder Gutachtenauftrag sein. Falls es ein Urteil ist, wird es noch einige Zeit dauern bis das fertig abgefasst mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt wird.
 



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