Andreas Scheuer: Von Ministern, die nicht zurücktreten können
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Trotz beinahe täglich neuer Informationen zum Maut-Skandal hält sich Verkehrsminister Andreas Scheuer "tapfer" im Amt. Man reicht sich verwundert die Augen und fragt sich, was eigentlich passieren muss, damit Scheuer sein Amt aufgibt.

Andreas Scheuer: Von Ministern, die nicht zurücktreten können

Die Älteren werden sich erinnern: Im Juli 2002 trat der Grünen-Politiker Cem Özdemir von seinem Amt als innenpolitischer Sprecher zurück. Zuvor war die „Miles-and-Moritz-Affäre“ bekanntgeworden, zudem hatte Özdemir einen privaten Kredit aufgenommen, der ausgerechnet vom PR-Berater Moritz Hunziger zur Verfügung gestellt worden war.
Özdemir war nicht mehr zu halten.

Nun ist Özdemir schon lange wieder zurück, erfreut sich bester Gesundheit und guter Laune, und niemand spricht mehr über die Affäre von 2002. Das kann man so oder so sehen, Fakt ist jedoch, dass es 2002 offenbar noch Gründe für einen Rücktritt gab. Die sucht man heute vergebens.

Die Tatsache, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) offenbar im Geheimen Gespräche geführt hat, die nirgends dokumentiert wurden, ist ohne Zweifel ein Zeichen dafür, dass der Minister hinter verschlossenen Türen Dinge tut, die niemand erfahren soll. Doch viel schlimmer wiegt die Tatsache, dass er ohne Not Verträgen zugestimmt, ja, diese aktiv initiiert hat, die sich als nicht vereinbar mit europäischen Recht erwiesen. Und die die Steuerzahler Millionen von Euros kosten, die sie wohl nie wiedersehen werden. Ohne Not, weil Scheuer auch einfach hätte abwarten können, bis die Rechtslage klar war. Die Steuergelder wären so jedenfalls nicht „verbrannt“.

Ständig kommen neue Details ans Licht, aber Scheuer ficht das nicht an. Auch die Tatsache, dass Anton Hofreiter (Die Grünen) jetzt den Rücktritt Scheuers gefordert hat, nimmt der Verkehrsminister zwar zur Kenntnis, aber nicht ohne auf Twitter ein trotziges „#nixgeheim“ zu entgegnen. Er sei sich keiner Schuld bewusst, alles sei „transparent“ gewesen. So etwas wie ein Unrechtsbewusstsein ist Scheuer offenbar fremd.

Erinnern wir uns also noch einmal kurz an Özdemir. Bei ihm ging es damals um Bonus-Meilen und einen privaten Kredit über 80.000 Euro. Beides in Kombination brach ihm das Genick. Die Maut, die Scheuer zu verantworten hat, hat den Steuerzahler von 2014 bis 2019 rund 53 Millionen Euro gekostet. Geld, das wohl unwiderruflich dahin ist. Scheuer zeigt sich so transparent wie eine Milchglasscheibe und poltert sogar offensiv zurück, wenn er auf die Vorwürfe angesprochen wird.

Nun könnte man wohlwollend argumentieren, dass so ein Verkehrsminister ja auch eine Menge zu tun hat, da kann vielleicht schon mal etwas unter den Tisch fallen. Doch im Falle Scheuers scheint Überarbeitung nicht das Problem zu sein. Immerhin hat der Rechnungshof gerade festgestellt, dass Scheuer in Sachen Korruptionsbekämpfung einen eher lahmen Job macht, um es vorsichtig zu formulieren. Aber womöglich liegt Scheuer das Thema Korruption auch einfach nicht so sehr.

Übrigens: Sollte es zu Schadenersatzansprüchen der Mautbetreiber Kapsch und Eventim kommen, dürften nochmals an die 300 Millionen Euro auf den Steuerzahler zukommen. Dank Scheuers Einrichtung privater Schiedsgerichte, die solch eine Strafe verhängen könnten. Ob Scheuer dann noch im Amt ist oder nicht, ist zweitrangig, er zahlt diese Strafe schließlich nicht selbst.

Scheuer jedenfalls denkt offenbar nicht einmal ansatzweise darüber nach, die Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen. Da ist er ganz auf einer Linie mit Kanzlerin Merkel (CDU), die ihn immerhin entlassen könnte.
Aber das erwartet wohl niemand, der einigermaßen klar bei Verstand ist.



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