Den Tod als Freund

Den Tod als Freund? Ist es möglich, den Tod nicht nur zu akzeptieren, sondern sich vor ihm auch nicht zu fürchten?

Den  Tod als Freund


Jemand erzählte eines Tages, er fürchte den Tod nicht. Du dachtest, dass jemand, der so etwas sagt echt unglücklich sein muss und leiden muss, dabei ging es gar nicht darum, sich in den Tod zu stürzen, sondern viel mehr darum zu leben.

Die Freude auf den Tod und ihn nicht zu fürchten. Es klingt sicher ein bisschen düster, könnte man jetzt sagen, doch hat es irgendwie auch etwas Poetisches an sich. Leben oder Tod, spielt es überhaupt eine Rolle? Reden wir hier nicht vom einem und dem selben? Wenn du dich in den Tod stürzt und dir den Tod wünschst, lehnst du das Leben ab, doch lehnst du das Leben nicht genau so ab, indem du dich vor den Tod fürchtest? Indem du dir womöglich das “ewige Leben” wünschst?

Haben wir nicht schon dieses “ewige Leben”? All die Lebewesen, Planzen, Tiere und Menschen, die im Lauf der Zeit ihren Platz eintauschen. Jemand stirbt, dafür wird ein Anderer geboren. Der Fluss des Lebens der ewig weitergeht bis ins Universum und darüber hinaus. Eine Welt der Gegensätze.
Tod, Trauer, Schmerz, Tiefe und Dunkelheit wurden etwas, wovor du dich fürchtest, das du als negativ betrachtest, weil es dich emotional trifft, dabei waren sie doch nicht viel mehr als Teil einer Welt, die niemand sicher erklären kann.
Du fragst dich, was nach dem Tod kommt, aber hast du dich jemals gefragt, was war, bevor du geboren wurdest?
Ist es nicht faszinierend, dass wir auf einmal hier waren. Die Realisation, dass “du bist”. Wie ein Wunder starrst du auf deine Hand, dann schaust du dich um und fragst dich, wie das hier sein kann. Ist es nicht magisch, dass du das Leben nicht nur sehen, hören und riechen kannst, sondern auch fühlen kannst? Du hörst dein Herz schlagen und wie du atmest, du fühlst, wie die Erde unter deinen Füßen vibriert und lebt. 
Das Leben ist ein Mysterium in all seinen Formen, dunkel oder hell. Du fürchtest den Tod und wagst es kaum, ihm in die Augen zu schauen, aber ist es nicht so, dass gerade der Tod das Leben so kostbar macht? Die Gewissheit, dass es ein Ende gibt. Was nach ihm kommt, weiß keiner so richtig. Die einen sagen, es sei das Ende. Die Anderen glauben, es sei der Anfang eines neuen Kapitels, dass sie wiederbelebt werden. Andere sagen wiederum, es sei der Weg ins Paradies oder in die Hölle.
Und obwohl verschiedene Glaubensweisen sich versammeln, eines haben sie alle gemeinsam:
Eines Tages wirst du sterben und dich von deinem jetzigem Leben verabschieden.
Was danach kommt, weiß keiner so wirklich, aber diese Ungewissheit macht uns neugierig und sie macht das Leben irgendwie charmanter. 
Der Tod ist eine Metapher für das Ende, gleichzeitig aber auch für den Neuanfang einer Geschichte. Man könnte es mit einem Buch oder gar einer Buchreihe vergleichen, als würde ein neues Kapitel oder ein neues Band beginnen. 
Aber vielleicht fürchtet du dich gerade deshalb vor dem Tod. Du hast Angst, weil du es nicht besser weißt, du hast Angst vor dem, was dir unbekannt ist. Angst, alleine zurückgelassen zu werden oder von dem Hier und Jetzt getrennt zu werden. Du fürchtet dich nicht vor dem Tod, sondern viel mehr vor Veränderung. “Lebe jeden Tag als sei es dein letzter.”, diesen Spruch haben wir sicher alle schon einmal gehört. Es ist nicht immer einfach, denn oft sind wir so sehr darin verstrickt über die Zukunft nachzudenken und sie vorauszuplanen und im selben Moment entgeht uns die Gegenwart. Wir hetzen uns durchs Leben. Dann sterben wir eines Tages und ob wir wirklich gelebt haben, bleibt ein Rätsel. 
Es geht nicht um die Entscheidung leben oder nicht mehr leben zu wollen, sondern darum hier und jetzt zu leben und statt in Furcht und Schrecken vor dem Leben einzufrieren und anzuhalten, weil wir eines Tages sterben werden, zu akzeptieren, dass der Tod eines Tages da ist und dass wir gerade darum unser Leben jetzt leben müssen. 
Du meidest des Todes Antlitz, du möchtest gar nicht über ihn reden, weil er dir Angst macht. So bezeichnest du ihn als düster und negativ, so wie du es mit Gefühlen getan hast, die dir zu persönlich waren. Doch meinst du nicht, dass all die Glücksmomente ohne die schmerzhaften Erfahrungen nur halb so schön wären? Findest du nicht, dass Trauer, Schmerz, sogar auch Leere dich letzten Endes stärker gemacht haben? Findest du nicht, dass jede Geschichte, jedes Buch oder jeder Film gerade deshalb so schön ist, weil es ein Ende gibt? Viel anders ist es mit unserem Leben nicht. 
Der Tod ist letzten Endes nichts weiter als das Ende eines Kapitels. 
Statt bereits die letzten Seiten im Buch zu lesen, obwohl du es gerade angefangen hast, bleib auf der jetzigen Seite und lies die jetzigen Zeilen. 
Der Tod ist dein Freund und er wird kommen, wenn die Zeit reif ist, vielleicht morgen, vielleicht in zehn Jahren, bis dahin, lebe. 



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