Vor zwanzig Jahren: Der Fund der "Himmelsscheibe von Nebra"
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Wie zwei Raubgräber eines der wichtigsten Artefakte der Welt entdeckten

Vor zwanzig Jahren: Der Fund der "Himmelsscheibe von Nebra"


Am 4. Juli 1999, also genau vor zwanzig Jahren, schlägt der Metalldetektor aus: Die beiden Hobbyforscher Mario Renner und Henry Westphal haben an diesem Sommerwochenende auf dem Mittelberg in Sachsen-Anhalt einen echten Schatz gefunden. In der Nähe liegt die Kleinstadt Nebra, die namensgebend für den Fund sein wird. Denn was Renner und Westphal auf dem rund 250 Meter hohen Hügel aus der Erde ziehen, wird später als "Himmelsscheibe von Nebra" bekannt werden. Es ist die älteste bisher bekannte konkrete Darstellung des Himmels mit Sternbildern. Doch das wissen die beiden Schatzsucher noch nicht.
Was sie vielleicht wissen, in jedem Fall aber ignorieren: Ihr Fund gehört nicht ihnen, sondern automatisch dem Land Sachsen-Anhalt, in dessen Erde er rund 3.500 Jahre verborgen war. Westphal und Renner packen die fast kreisrunde geschmiedete Bronzeplatte mit einem Durchmesser von etwas mehr als 30 Zentimetern und zwei danebenliegende Schwerter ein. Sie glauben, sie haben den verzierten Mittelteil eines Schildes entdeckt.

Die Preisspirale dreht sich


Bereits am nächsten Tag wollen sie die Bronzeschwerter samt Schwertern versilbern und verkaufen den Fund an einen Kölner Händler, der ihnen 31.000 Deutsche Mark gab - für alles. Das war erst der Anfang einer Preisspirale, die sich zwar stetig nach oben drehte, aber nicht im Mindesten an den tatsächlichen Wert der Scheibe herankam. Nach mehreren Zwischenstationen wurden im Jahr 2001 schließlich 200.000 DM dafür bezahlt. Das Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt, also der rechtmäßige Besitzer der Scheibe, machte den damaligen Besitzern 2002 verdeckt ein Angebot von 700.000 DM. Bei der Übergabe in einem Schweizer Hotel wurde das Hehlerpärchen, das die Scheibe verkaufen wollte, von der Schweizer Polizei festgenommen.

Strafen für Finder und Hehler


Jetzt erst konnte eine seriöse historische Analyse des Fundes beginnen. Zunächst zum Abschluss der Preisdiskussion: Die Himmelsscheibe von Nebra ist im wahrsten Sinn des Wortes "von unschätzbarem Wert". Zum Zwecke der Versicherung musste man aber einen Schätzwert bestimmen. Dieser lag 2006 bei 100 Millionen Euro - weit entfernt von den 31.000 Mark aus der ersten Transaktion. Auch sonst zahlte sich die Schatzsuche nicht unbedingt aus, weder für die Finder, noch für die Hehler: Westphal und Renner wurden 2003 zu mehrmonatigen Bewährungsstrafen verurteilt, ebenso wie das in der Schweiz verhaftete Hehlerpaar. 
Die Scheibe, die übrigens bei der unsachgemäßen Ausgrabung erheblich beschädgit wurde, aber restauriert werden konnte, wurde um 1600 v. Chr. vergraben. Sie zeigt vermutlich die Pleajden im Sternbild Stier, dazu wahrscheinlich den Vollmond und und die Sichel des zunehmenden Mondes. Die goldenen Bögen am Rand sind wohl später hinzugekommen und könnten die Horizinte bei Sonnenauf- bzw. -untergang symbolisieren. Der dritte Bogen soll ein Sonnenschiff darstellen, mit dem die Sonne am Tag über den Himmel fährt. 

Die "Himmelsscheibe von Nebra" ist im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle/Saale zu besichtigen. Zahlreiche Reproduktionen waren deutschlandweit in Ausstellungen zu sehen. 



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