Was wirklich in Nicaragua passiert.
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Was ich in Nicaragua erlebt habe, spiegeln internationale Medien nur in Ansätzen wieder und immer wieder ärgere ich mich um die laienhafte Berichterstattung.



Wer wie ich das große Glück hatte, Nicaragua selbst kennengelernt zu haben, wird mir beipflichten. Das, was man in Deutschland und Europa über die jüngsten Ereignisse in diesem wundervollen mittelamerikanischen Land, liest oder hört, ist traurig und erschütternd. Schnell packt einen die Wut, weil man ganz genau weiß, dass die Kriegsmaschinerie mal wieder angekurbelt wird. Die Geschichten über Korruption und staatliche Gewalt sorgen nicht nur weltweit für Aufsehen, sondern zünden ein Feuer des Hasses in den Straßen dieses friedlichen Paradieses. Westliche externe Kräfte lenken und kommandieren unter verdeckten Operationen, Rebellen in das Land. Friedliche Demonstrationen werden unterwandert und als einzige Lösung wird ein Regimewechsel angestrebt, der den Einfluss auf finanzielle Mittel und Ressourcen möglich macht.
 
Ich habe in Nicaragua gelebt und seine Bevölkerung kennengelernt und kann aus voller Überzeugung sagen, dass es in Nicaragua keine Missstände gibt. Das Land war und ist ein Land der Revolutionen und seine Geschichte ist maßgeblich. Die Nicaraguaner sind aufgeschlossen und vertrauen auf die Aufrichtigkeit der Menschen. Diese Eigenschaft wird ihnen nun zum Verhängnis. Nicht die friedlichen Demonstrationen gegen die Reform der Altersabsicherung sind die Auslöser brutaler Kämpfe. Es ist der Einfluss hinterhältiger und geldsüchtiger Mächte, die sich der Situation auf schändlicherweise bedienen. Präsident Daniel Ortega hat die Rentenreform längst überarbeitet und dennoch ziehen immer noch maskierte und angestachelte Milizen durch die Städte und zerstören und töten wahllos. Das klar formulierte Ziel: „Die Regierung muss gestürzt werden.“ Auch in Internetforen für Aussteiger wird ordentlich Stimmung gegen das Ortega-Regime gemacht. Immer wieder gibt es Posts von unwissenden oder instrumentalisierten Auswanderern, die sich offenbar leicht beeinflussen lassen. Oft hat es für mich den Anschein, als wären es völlig egal, wie es den Nicaraguanern damit geht. Sie stehen zwischen den Stühlen, verlieren ihr Vertrauen und sind geprägt von Angst. Denn trotz der Vergangenheit Nicaraguas sind seine Einwohner sehr friedfertig und vertrauensselig. Der christliche Glaube ist weit verbreitet und Waffen gehören nicht zum Alltag. Nach dem letzten Bürgerkrieg ist Nicaragua zusammengewachsen und hat sich selbst weiterentwickelt. Die Landwirtschaft und der aufstrebende Tourismus sind noch weitestgehend in einheimischer Hand. Mit dem Bruch der Regierung steht Nicaragua schutzlos dem Einfluss der Westmächte gegenüber. Drogenwege werden freigemacht und bestehende Handelsabkommen überworfen. Im Nachbarland Costa Rica sind diese Mächte schon lange spürbar und das Leben der Costa-Ricaner wird immer schwieriger. Die Preise für Lebensmittel schnellen in die Höhe und große Supermarktketten überfluten die kleinen Städte und Regionen. Der Tourismus bestimmt das Leben und was von den Dschungelgebieten noch übrig ist, dient als Ausflugsziel und Nationalpark. Daniel Ortega hat sich lange vor den Zuständen einer Invasion gewehrt, doch wird den Kampf wohl letzten Endes verlieren. Sein Alter schreitet voran und seine Kraft schwindet. Ich musste Nicaragua im April 2018 aufgrund der politischen Lage mit einem weinenden Herzen verlassen. Ob ich wiederkehre, kann ich heute noch nicht sagen. Ich habe Angst mein schönes Nicaragua nicht mehr so vorzufinden, wie ich es einst kennen- und lieben gelernt habe.
 




1 Kommentare

Brigitte Erdmann 5 year ago

wie überall, nichts bleibt - so schade.