Zoos und Zootiere - Gedanken und Geschichte

Von der Show zum Artenschutzprogramm - Entwicklung und Bedeutung von Zoos

Zoos und Zootiere - Gedanken und Geschichte


Die Existenz von Zoos im Vergleich zur Existenz der Menschheit ist nicht sehr lang. Demgegenüber ist der Wandel ihrer Funktion rasant.

Die Faszination, die von wilden, exotischen Tieren ausgeht, wurde schon immer bewusst eingesetzt. Sei es als Machtsymbol bei 'Kaisers' und 'Königs', sei es als Show-Objekt von fahrenden Händlern und Artisten zum Zwecke des Lebensunterhalts. Einen anderen Grund hatten Museen, zoologische und botanische Gärten, die Sammlungen von Präparaten anlegten. Diese dienten Forschungszwecken und zu Ausstellungszwecken. Um Pflanzen bestimmen, systematisieren und beschreiben zu können, brauchte man Originalmaterial. Dies galt natürlich auch für Tiere. Anhand des präparierten, originalen Anschauungsmaterials konnte dann weiter geforscht werden. Aber ebenso wurde auch ausgestellt.

Für den Erhalt dieser Präparate wurden Menschen zum Sammeln in die Welt geschickt. Ein berühmtes Beispiel dafür und eine der ersten Frauen war Amalie Dietrich, die am 15. Mai 1863 für zehn Jahre nach Australien aufbricht, um zu botanisieren und auch Fische und Vögel fängt und präpariert. Ihre Biografie ist spannend und, neben der der Maria Sibylla Merian, einzigartig in Bezug auf Botanik und Zoologie. Die umfangreichen Sammlungen der Amalie Dietrich gehören zum Grundstock des Völkerkundemuseums Hamburg, das in ihrer Zeit gegründet wurde. Zur Bestimmung der von ihr gesammelten Tiere kam es zur Zusammenarbeit mit Mitarbeitern von Zoos. Überhaupt muss man sich eine enge Zusammenarbeit dieser Institutionen jener Zeit vorstellen. Aber natürlich ging es auch um Gewinn und Ruhm.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entsteht erst der Gedanke des Zoos als Garten und gesellschaftlicher Treffpunkt für die Öffentlichkeit. Im Vordergrund stand hier, durch Präsentation exotischer Tierrassen Besucher in den Park zu ziehen. Über die Lebensbedingungen der Tiere machte man sich dabei weniger Sorgen, größtenteils vielleicht aus Unkenntnis.

Der Wunsch nach Exotik ging allerdings so weit, dass Menschen von fremden Kontinenten 'präsentiert' wurden. Diese sogenannten „Völkerschauen“ waren ein Ausdruck falsch interpretierten Darwinismus, der damals durch die frisch erschienenen Schriften entwickelt wurde. Der Europäer stellte sich über die Bewohner Australiens, Afrikas und Amerikas. Aborigines, Indianer und Afrikaner wurden in diesen Shows präsentiert und genauso schlecht behandelt wie die ausgestellten Tiere. Und leider tauchten diese Schattenseiten auch in Form von gewissenlosen Sammlern auf. Diese hinterließen neben der strengen wissenschaftlichen Sammelei ein 'Geschmäckle'.

Wie gesagt, den Tieren erging es auch nicht gut. Die Käfige waren meist viel zu klein, die Bedingungen oft lebensunwürdig. Sammelleidenschaft und Besucherzahlen standen im Vordergrund. Der Versuch, mehr Wissen über die Tiere in die Zoos zu bringen, wurde oftmals von den Besuchern abgestraft.

Natürlich sind die Besucherzahlen auch heute, 2020, noch von maßgeblicher Bedeutung, aber der Fokus ist dennoch ein anderer geworden. Der Run auf viele Arten, und durchaus nicht nur von Zoobetreibern, sorgte für eine starke Dezimierung vieler Arten. Und natürlich hatten auch die beiden Kriege ihre Auswirkungen auf zoologische Gärten, das ist ganz klar. Doch danach fand langsam ein Umdenken statt. Allmählich formte sich der Gedanke: Man kann nur schützen, was man kennt. Tafeln mit Beschreibungen zu den Tieren und ihren Lebensräumen fand man nun an den Gehegen angebracht. An den Käfigen selbst änderte sich nichts. Doch der Artenschutzgedanke war geboren. Spenden für Schutzmaßnahmen in den Ursprungsländern konnte man nur für etwas erwarten, was den Menschen emotional trifft. Für vom Aussterben bedrohte Arten zum Beispiel in Afrika konnte man auch Unterstützung durch Aufklärung in Zoos bekommen.

Vielleicht in den Siebzigern entwickelte sich der Gedanke weiter, zunächst aber nur theoretisch. Wäre es möglich, Tiere in naturnahen Gehegen zu präsentieren? Und welche Vorteile hätte dies? Wäre es sinnvoll, Käfige mit Gitterstäben verschwinden zu lassen bzw. zu kaschieren, und stattdessen eine Illusion zu erschaffen, ein Gelände, das dem natürlichen Lebensraum des Tieres ähnelt? Dem Besucher würde das Tier ganz anders zugänglich, und den Tieren würden dadurch endlich mehr Bewegungsfreiräume möglich. In Büchern wurde dieser Gedanke ausführlich diskutiert. Die Umsetzung schien fraglich. Obwohl ich mich gut an Zeit und Cover erinnere, ich verschlang das Buch in wenigen Nächten, kann ich es heute als Nachweis leider nicht mehr im Internet finden. Doch wenige Jahrzehnte später fand dieser Gedanke Einzug in die ersten Zoos.

Da aber für die Umbauten viel Platz gebraucht wurde, waren viele direkt in den gewachsenen Innenstädten gelegenen Zoos benachteiligt. Sie waren ringsum einfach zugebaut. Das stellte die Zoos vor gewaltige Probleme für einen Umbau von Tiergehegen. Der andere wesentliche Aspekt war natürlich der finanzielle Aufwand. So konnte oft nur nach und nach ein Umbau erfolgen. Oft mussten dann die Eintrittspreise angeglichen werden. Für die Tiere bedeutete es mehr Freiraum. Raus aus den Gitterstäben, Rückzugsmöglichkeiten, mehr artgerechte Haltung.

In dem oben erwähnten Buch wurde eine Theorie diskutiert, wie ein Gehege für Tiere in der Savanne in Zoos aussehen könne. Eine Frage war, ob man Gehege von Raubtieren und Pflanzenfressern nebeneinander bauen könnte. Der Gedanke war folgender: In der Savanne leben Löwen, Gazellen und Gnus nebeneinander. Natürlich jagen Löwen Gazellen und Gnus. Dennoch bilden sie in der offenen Savanne eine Lebensgemeinschaft oder auch ein Teil eines Ökosystem. Wäre es möglich einen Teil eines Ökosystems in einem Zoo wiederzugeben, ohne dass die Löwen die Gnus jagen? Natürlich waren sie voneinander getrennt, nur müssten diese Gehege-Trennungen so weit wie möglich unsichtbar sein oder natürlich erscheinen. Zootiere werden sowieso gefüttert. Bleibt die Frage offen, ob der Anblick von Beutetiere einen Jagdtrieb auslösen würde, so damals die Überlegungen. Man muss auch bedenken, dass auch damals schon viele Tiere aus Nachzuchten stammten.

Etwa Mitte der neunziger Jahre setzten einige Zoos ein solches naturnahes Konzept um. Mit viel Beton, Farbe und Einfallsreichtum entstanden neue Tierwelten. Das galt nicht nur für die Savanne. Und auch kleinere Zoos gab es, die diese neuartigen Gehege anlegten.

Doch leider ging das Aussterben und die Anzahl der vom Aussterben bedrohten Arten in den letzten Jahrzehnten auch immer schneller weiter. und um so wichtiger wurde das Motto: Nur was man kennt, ist man bereit zu schützen. Die Entwicklung in den Zoos ist aber noch einen Schritt weiter gegangen. Neben der Veränderung der Gehege sind die Kenntnisse über die einzelnen Tierarten gewachsen. Und die Zahl der in Zoos überlebenden Jungtiere stieg an. Es konnte ein weiterer Schritt in Richtung Artenschutz getan werden. Neben dem regen Austausch der Zoos untereinander zur Vermeidung von Inzucht wurde jetzt auch wieder in die Herkunftsländer 'zurückgebracht'. Im Laufe vieler Versuche übte man, Tierarten wieder auszuwildern. Das älteste Beispiel außerhalb der Zoolandschaft ist dafür vielleicht die Wiederansiedlung der zuvor ausgerotteten Bisons im Yellowstone-Nationalpark. Nach einigem Für und Wider wurden in den letzten dreißig Jahren auch wieder ein Rudel Wölfe ausgewildert. Ein neutraler Dokumentarfilm berichtet über Veränderungen des Ökosystems durch die Anwesenheit des Rudels.

Mittlerweile gibt es für eine Reihe von Tieren erfolgreiche Auswilderungsprogramme unterstützt von Zoos. Nichtsdestotrotz existieren manche Arten nur noch in Zoos. Ob das von Bedeutung ist? Dazu noch einmal zum Film über den Nationalpark. Obwohl dort nur die Fakten gezeigt und erzählt werden und keine Schlüsse gezogen werden, sind Veränderungen in der Landschaft nur durch mehrjährige Anwesenheit einer zum ursprünglichen Ökosystem gehörigen Art deutlich sichtbar. Ein Ökosystem ist eben ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Fehlt ein Faktor, kommt es immer zu Veränderungen. Der Mensch kann sicherlich nicht vorhersehen und entscheiden, welche Auswirkungen, dass sein werden. Nur, dass es Konsequenzen haben wird, entspricht der Wahrscheinlichkeit zu 100%.

Und so ist Folgendes passiert. Von der Präsentation fremder Tierarten, die sicherlich auch zur Dezimierung mit beigetragen hat, sind Zoos mittlerweile Bestandteil des Artenschutzes geworden, so kurios das auf den ersten Blick auch scheinen mag. Um so bedauerlicher mag so der Verlust des Affenhauses im Krefelder Zoo zum Jahreswechsel 2020 erscheinen. Aber Menschen, die mit Hunden, Katzen, Pferden und Zootieren zusammenleben und arbeiten, für die ist dieser qualvolle Tod eine furchtbare Tragödie. Und hoffentlich mag in Zukunft ein solcher unbedachter Brand nicht Ursache für den qualvollen Tod von Affen und anderen Tieren sein.




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